Eines vorweg: Ich habe alle bisher erschienenen "I heart"-Bücher von Lindsey Kelk gelesen. Eine sehr willkommene und unterhaltsame Abwechslung zu den meisten literarischen Werken, die mich in der Uni beschäftigen - eher eine locker-leichte Lektüre für Zwischendrin. Nachdem es noch etwas dauert, bis der nächste Band der Reihe erscheint ("I heart Christmas", 21. November), habe ich in der Zwischenzeit ein anderes Buch der Autorin gelesen: "About A Girl".
Das erste, was mir bei dem Titel einfiel, war ganz klar Nick Hornbys "About A Boy". Das wiederum soll an Nirvanas Songtitel "About A Girl" angelehnt sein. (Falls es jemanden interessiert: Das Lied handelt von Kurt Cobains damaliger Freundin, Tracy Marander.) Aber weder das Buch noch das Lied haben etwas mit diesem Buch von Lindsey Kelk zu tun. Dafür gibt es Anspielungen auf "Game of Thrones", was mir gut gefallen hat. Die Tatsache, dass die Charaktere die Serie kennen, bietet zumindest mir persönlich mehr Identifikationsmöglichkeiten als die Charkterzüge der Figuren aus "About A Girl".
Tess Brookes, "Girl with a Plan"
Die Hauptperson in Lindsey Kelks "About A Girl" ist Tess Brookes, die Frau mit dem Plan und der schrecklichen Mitbewohnerin Vanessa Kittler. Diese hat einen reichen Vater, der ihr scheinbar alles bezahlt, was sie will, ihren Job als Fotografin hat sie allem Anschein nach nur zur Unterhaltung. Sie ist laut Tess und Amy der schrecklichste Mensch auf der Welt. Amy ist die beste Freundin der Hauptperson und hasst deren Mitbewohnerin. Sie selbst hat keine Pläne wie Tess, sondern scheint eher quirlig und unentschlossen zu sein. Der Langzeit-Schwarm und Arbeitskollege der Hauptperson heißt Charlie. Im weiteren Verlauf der Geschichte lernt Brookes einige Personen kennen, die ihr Leben verändern: Agent Veronica, Paige, Nick Miller, Kekipi und Bertie Bennett.
Auf nach Hawaii
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Tess hat London satt und fliegt als Vanessa Kittler nach Hawaii. (rharrison/Flickr/CC BY-SA 2.0) |
Der Prolog weist schon schon darauf hin, dass Tess mit Nick und Paige in Schwierigkeiten gerät. Dann der zeitliche Sprung zum ersten Kapitel, das zwei Wochen früher beginnt. Die Hauptperson freut sich auf ihre Beförderung zum Creative Director ihrer Firma, wird dann aber unerwartet entlassen. Sie ist am Boden zerstört, und eine Familienfeier nur kurz nach der Entlassung führt nicht gerade zur seelischen Besserung bei. Trotz Amys Hilfe geht es Tess nicht gut, ihr bester Freund (und Schwarm seit geschlagenen zehn Jahren) Charlie tröstet sie ebenfalls. Dann landen die beiden im Bett. Tess gesteht ihre Gefühle - doch ihr Schwarm will weiter ihr bester und nicht ihr fester Freund sein. Damit geht es ihr noch schlechter als zuvor.
Im Gegensatz zu Angela, die in "I heart New York" selbst beschließt, ins Ausland zu gehen, wird Tess durch einen Anruf auf die Idee gebracht, London zu verlassen. Als Vanessas Agentin Veronica die Mitbewohnerinnen am Telefon verwechselt, gibt sich Brookes einfach als Kittler aus - und fliegt nach Hawaii, um einen Job als Fotografin auszuführen.
Der Bennett-Job
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Die Protagonistin besucht den Strand gerne allein. (grantzprice/Flickr/CC BY-SA 2.0) |
In Hawaii angekommen erfährt Tess Brookes, dass sie Bertie Bennett für das Magazin "Gloss" fotografieren soll. Dieser hat schon lange kein Interview mehr gegeben, geschweige denn Fotos von sich machen lassen. Er lässt sich auf seinem Anwesen auch nicht blicken. Dafür trifft "Vanessa" den hawaiianischen Butler/Diener/"Junge für alles" Kekipi und den Journalisten, der besagtes Interview zu den Bildern durchführen soll: Nick Miller. Tess ist sich sicher, dass sie ihn nicht besonders gut leiden kann. Nach einem eher gezwungenen gemeinsamen Abendessen freundet sie sich dafür mit Kekipi an. Sie lernt außerdem Art Director Paige kennen, die einen Groll gegen Vanessa hegt und dadurch heraus findet, dass Tess unmöglich die sein kann, als die sie sich ausgibt. Die beiden freunden sich ebenfalls an. Bertie Bennett versetzt das gesamte Team, so dass genug Möglichkeiten bestehen, sich besser kennen zu lernen. Am Strand lernt Brookes außerdem den älteren Mann Al kennen.
What happens in Hawaii...
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Al hat ein offenes Ohr für Tess. Gemeinsam verbringen sie Zeit am Strand - und entdecken sogar eine Schildkröte. (puuikibeach/Flickr/CC BY 2.0) |
Leider hat Tess Brookes unter Alkoholeinfluss und ohne den Rat Amys die gleiche Tendenz wie Angela: Sie begeht Dummheiten. Letztendlich fühlt sie sich zu Nick hingezogen, doch ihre Gefühle für Charlie sind auch noch nicht vergessen. Hinzu kommt, dass sie den Schein als Vanessa Kittler wahren muss. Außerdem scheint Paige ziemlich in Nick verknallt zu sein. Berties Sohn Artie Bennett nutzt die Abwesenheit seines Vaters, um sich selbst in Interview und Fotos zu feiern. Doch irgendwie scheint das nicht so zu verlaufen, wie er es sich wünscht. Es kommt zum Streit zwischen Tess und Paige, als letztere die Hauptperson in Nicks Unterkunft vorfindet. Der Art Director verrät das Geheimnis - Nick ist entsetzt, doch Tess hat zum Glück noch Al und Kekipi. Es ist sowieso der letzte Tag, und sie kehrt zurück nach London zu Amy, Charlie, und der echten Vanessa.
Tess und ihr Umfeld
Während ich "About A Girl" las, hatte ich ständig Angela im Hinterkopf. Das lag nicht nur daran, dass beide von Lindsey Kelk erdacht wurden. Beide halten sich für zu dick, haben in ihren Augen komische Haare, während ihr Umfeld scheinbar anderer Meinung ist. Angelas Auslöser zur Flucht ist eine Hochzeit, bei Tess ist es eine Taufe. Alkohol spielt eine erstaunlich große Rolle in beider Leben (oder ich trinke einfach ungewöhnlich wenig für eine Frau Anfang 20). Beide Frauen haben gewisse Familienprobleme. Angelas Mutter ist überfürsorglich, Tess' Mum will nur, dass ihre Tochter erfolgreich ist. Auch Amy und Charlie haben scheinbar schlechte Verhältnisse zu ihren Familien. Die Literaturwissenschaftlerin in mir vermutet, dass die Autorin viel mit kaputten Familien zu tun gehabt haben könnte. Ich kenne Lindsey Kelk ja nicht. Sie scheint aber von Ariel ähnlich viel zu halten wie die junge Tess Brookes.
"I heart" - "About A Girl"
Lindsey Kelk bleibt auch ihrem Prinzip treu, dass die Protagonistin weit weg von London landet, sich aber trotzdem noch mit Englisch verständigen kann. Auch bei einigen Nebencharakteren fallen Ähnlichkeiten zwischen der "I heart"-Reihe und "About A Girl" auf: Es ist Tess' Stiefvater und Angelas Vater, die verständnisvoll sind. Es gibt einen Streit mit der besten Freundin Lou/Amy, die in England geblieben ist. Es gibt eine Menge aufgelöster Verlobungen und natürlich den neuen besten Freund im Ausland, Jenny bzw. Kekipi (der übrigens schwul und damit als Schwarm für Tess auszuschließen ist). Einige Wendungen des Plots sind recht vorhersehbar, beispielsweise Charlies Sinneswandel, die weitere Entwicklung mit Al oder auch das Ende in London. Das alles heißt aber nicht, dass das Buch nicht lesenswert wäre.
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Lindsey Kelk hatte sich diesmal Hawaii als Handlungsort ausgesucht. (Travel by Nature Photography/Flickr/CC BY-ND 2.0) |
Ich persönlich habe das Buch sehr genossen, nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, dass Tess eben doch nicht ganz Angela ist. "About A Girl" ist vom Prinzip her nicht anders als die "I heart"-Reihe. Ich hatte zwar auf etwas Abwechslung gehofft, doch da ich das Prinzip irgendwie mag, hat mir das Buch trotzdem gefallen. Die eher lockere Sprache und die autodiegetische, gleichzeitige Erzählperspektive machen das Lesen der gut 400 Seiten sehr angenehm. Mir persönlich hat zwar Kelks "I heart"-Reihe besser gefallen, doch das ist wohl Geschmackssache. Insgesamt läuft das alles bei mir eher unter Urlaubslektüre. Wer eine anspruchsvolle Buchserie sucht, sollte sich wohl eher nicht hiermit aufhalten. Auf deutsch gibt es bisher allem Anschein nach erst die ersten drei Bücher von Lindsey Kelk, "About A Girl" habe ich auch nur auf Englisch gefunden. Wen die deutschen Varianten interessieren, sollte sich übrigens nicht von den meiner Ansicht nach furchtbaren deutschen Titeln abschrecken lassen: "Verliebt, Verlobt, Versace" (I heart New York), "Mit Chic, Charme und Chanel" (I heart Hollywood) und "Gucci, Glamour und Champagner" (I heart Paris).